Ihr kennt das bestimmt…

…schon kommt der Frühling daher mit seinen schönen warmen Tagen, da sind auch die ersten Stubenfliegen nicht weit. So auch bei uns. Seit Tagen nervte mich so eine im Wohnzimmer. Überall schwirrte sie herum. Als wolle sie mich verfolgen. War ich in der Küche, setzte sie sich dreist auf die Arbeitsplatte. War ich im Wohnzimmer, setzte sie sich auf den Essenstisch und starrte mich an. Lag ich auf der Couch, setzte sie sich auf mich und putzte ihre Vorderbeine. Die wollte mich doch herausfordern, dachte ich mir. Ständig dieses Rumgefuchtel mit den Armen, Zucken mit den Beinen, echt lästig, die wieder loszukriegen. Selbst auf dem Klo hatte ich gefühlt keine Ruhe vor ihr. Der Spaß hörte dann endgültig auf, als sie auf dem Gesicht meiner Tochter beim Schlafen am Nachmittag herumkrabbelte. Mistvieh! Weg von meiner Tochter! Du weckst sie noch auf. Und wer badet es dann aus? Ich – also mach Dich ab.

So und so ähnlich verfolgte ich die Fliege anschließend durch das Wohnzimmer.

Aber keine Chance. Das Einzige was ich bekommen habe, waren verständnislose Blicke unserer zwei Leonberger. „Jetzt spinnt die Alte völlig“ sagte der Blick unserer Hündin. Auch der kleine Patch, selbst noch ein Welpe, machte keine Anstalten mir zu helfen. Dabei jagt er doch momentan Disney-Film-like die Schmetterlinge auf der Wiese und sieht dabei zum Anbeißen süß aus. Aber eine Stubenfliege ist nun mal kein Schmetterling. Das weiß das Mistvieh wahrscheinlich auch selbst.

Naja, dann ließ ich die Fliege eben Fliege sein.

Fürs Erste. Auch die haben schließlich eine Daseinsberechtigung. Draußen. An der frischen Luft. Nicht hier. Nur am Hintern vom Pferd. Oder der Kuh. Oder an dem von meinem Nachbarn, würde ich mich auch noch mit zufriedengeben.
Der weitere Nachmittag gestaltete sich dann auch ohne hektische Turnübungen bei der Fliegenjagd anstrengend genug. Der kleinsten Dame im Hause konnte man es einfach nicht recht machen. Kein Spielen. Kein Singen. Auch Kein Bauchliegen. Kein Garnix. Meine Arme waren das Einzige, was sie wollte. Dauerhaft. Na danke. Wenn das so weitergeht habe ich bald Arme wie Sylvester Stallone in seinen besten Rambo-Zeiten. Aber so Tage gibt es einfach. Nicht verzweifeln, sagte ich mir immer wieder. Jetzt nur die Ruhe bewahren und die kurzen Schlafenszeiten, die sie immer noch mehrmals täglich einfordert, genießen.
Aber es sollte mal wieder anders kommen. Standard ist aber auch ein Langweiler. Und Normal ist sein noch langweiliger Cousin dritten Grades.

Am Abend kam er dann nach Hause.

Der Chef unserer Bande. Und er sollte heute Abend noch seinen ganz großen Auftritt haben…
Auf die Frage nach meinem Tag erzählte ich ihm komischerweise zuerst von der Stubenfliege, anstatt von dem Gequengel unserer Tochter. Und da sah ich es. In seinen Augen. Es war wieder da. Wie im letzten Jahr. Dieses Feuer, dieses seit Menschengedenken im Männchen verwurzelte Gen des Jagens. Er war nicht mehr ansprechbar. Mit dem sicheren Blick eines Sanitätshauptgefreiten der Reserve ergriff er die Fliegenklatsche. Beschwichtigen war nicht mehr möglich. Er war im Tunnel.

Augenrollend legte ich meine gähnende Tochter in ihre Stubenwiege.

Nach wenigen Minuten waren ihre Äuglein zu, sie nuckelte zufrieden an ihrem Schnuller und atmete ruhig. Chaka, dachte ich. Zeit dem Jagdtreiben zuzuschauen. Doch dann tat die doofe Fliege etwas, das hätte sie lieber nicht getan. Sie setzte sich auf den Rand der Wiege, streckte ihre Vorderbeine aus und begann sich zu putzen. Und da holte er aus. Es machte einen lauten Knall. Ich erschrak. Die Hunde zuckten zusammen. Und es dauerte keine 0,37 Sekunden, da riss die kleine Maus ihre Augen auf, ließ den Schnuller aus ihrem Mund fallen und fing an zu schreien. Aber so richtig. Mit Krokodilstränen. Der Jäger schaute mich an. Wutentbrannt schaute ich zurück. Er stotterte irgendwas von „wollte ich nicht“ und „mist, ich war im Tunnel“. Läuft bei Dir, dachte ich. Und während ich meine Tochter wieder in den Schlaf schuckelte, stellte ich mir die armen Jungs in 16 Jahren vor, die ebenfalls an der Bettkante meiner Tochter sitzen würden. Bis dahin müssen wir den Beschützerinstinkt von Papa also noch ein bisschen eindämpfen. Ich grinste innerlich. Obwohl…
Achso, und falls ihr jetzt denkt die Fliege musste wenigstens dran glauben… Pustekuchen! Die lebt jetzt hier. Hat einen kleinen Wassernapf auf der Fensterbank. Und sogar einen Namen. Puck. Wie süß!

Die Person hinter den Geschichten? -> Wer steckt dahinter?

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